Stell dir vor, du gibst einer KI einfach dein Ziel vor – zum Beispiel „Organisiere mir alles für den Umzug nächste Woche“ – und der Rest passiert wie von Zauberhand: Die KI sucht eine neue Wohnung, prüft Verträge, verkauft alte Möbel, bestellt Neuanschaffungen und plant sogar Termine mit Umzugshelfern. Kein endloses Surfen, kein Vergleichen von Preisen, kein nerviges Füllen eines Warenkorbs. Klingt utopisch? Es ist die Zukunft des Einkaufens, die als Agentic Commerce bekannt ist. Hier übernehmen smarte KI-Agenten den gesamten Prozess von der Suche bis zur Bezahlung. Der klassische Warenkorb könnte bald Geschichte sein. In diesem Beitrag schauen wir uns an, warum das so ist, wie KI das Einkaufserlebnis komplett umkrempelt und was das für dich als Kunde oder Händler bedeutet.
Die Schwachstellen des traditionellen Warenkorbs
Der Warenkorb, wie wir ihn kennen, ist ein Relikt aus der Steinzeit des Online-Shoppings. Er ist nichts anderes als ein digitaler Einkaufswagen, den du selbst füllst. Aber dieser Ansatz hat einige Probleme:
- Hohe Abbruchraten: Zwischen 60 und 80 Prozent der Kunden verlassen den Warenkorb, bevor sie bezahlen. Hohe Versandkosten, Unsicherheit bei Größen oder Farben, Ablenkungen durch Werbung oder einfach lange Ladezeiten. Der Warenkorb wird zum Ort der Frustration.
- Mangelnde Personalisierung: Der Warenkorb weiß nur, was du hineinlegst. Er versteht nicht den Kontext – ob du für einen Geburtstag einkaufst, den monatlichen Bedarf deckst oder ein besonderes Dinner planst. Keine proaktiven Vorschläge, keine echten Hilfestellungen.
- Kognitive Belastung: Suchen, vergleichen, Preise checken, in den Korb legen – das alles kostet Zeit und Nerven. Einkaufen fühlt sich oft wie eine lästige Pflicht an, statt wie ein Vergnügen.
KI-Agenten machen Schluss mit diesem Chaos. Sie handeln autonom, verstehen deine Absichten und erledigen alles im Hintergrund.
Was sind KI-Agenten und wie verändern sie das Shopping?
Ein KI-Agent ist kein simpler Chatbot, der nur plaudert. Er ist eine intelligente Software, die lernt, Ziele erkennt und Aufgaben eigenständig erledigt. Im E-Commerce bedeutet das einen Shift vom reaktiven Kaufen („Ich suche und entscheide selbst“) hin zum proaktiven Service („Sag mir dein Ziel, ich kümmere mich“).
Statt in eine Suchleiste zu tippen, führst du einen Dialog: „Ich brauche Laufschuhe für meine Halbmarathon-Vorbereitung. Leichte Überpronation, Waldläufe, Budget 150 Euro.“ Der Agent analysiert das, zieht Daten aus deinem Kalender, früheren Käufen oder sogar deinem Fitness-Tracker und schlägt perfekte Optionen vor. Er vergleicht Preise, checkt Verfügbarkeit und schließt sogar den Kauf ab – alles in einem Chatfenster.
- Hyper-Personalisierung: Der Agent integriert strukturierte Daten (wie Preise) und unstrukturierte (wie deine Vorlieben). Er kennt dich besser als du dich selbst.
- Proaktives Einkaufen: Vergiss Preisalarme, die nur benachrichtigen. KI-Agenten schlagen zu: Sie legen Produkte in den Korb und checken aus, sobald der Deal passt. Wie sieht das mit Konsumgütern wie Toilettenpapier aus? Der Agent weiß, dass deine Packung alle acht Wochen leer ist, wartet auf Rabatte und bestellt automatisch.
- Auto-Replenishment: Wiederkehrende Bedürfnisse werden antizipiert. Milch im Kühlschrank fast leer? Der Agent bestellt nach oder informiert dich zumindest.
Laut einer Salesforce-Studie haben bereits 17 Prozent der Verbraucher KI für Produktsuchen genutzt, und 48 Prozent derer, die es ausprobiert haben, wären offen dafür, Käufe komplett zu delegieren. Während der Cyber Week 2024 generierten KI und Agenten schon 60 Milliarden US-Dollar Umsatz – 20 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die Phasen des Wandels: Vom Assistenten zum Lifestyle-Manager
Der Übergang zum Agentic Commerce passiert schrittweise. Hier die drei Phasen, die dein Einkaufserlebnis neu definieren:
- Phase A: Der beratende Assistent (heute)
Die KI hilft bei der Suche, filtert nach komplexen Kriterien und erstellt eine Shortlist. Du ingeragierst noch, aber effizienter. Beispiel: „Roter Sommerrock für Hochzeit, Größe 38, unter 100 Euro.“ Drei perfekte Treffer, Kauf in Sekunden. Der Warenkorb dient nur noch zur Finalisierung. - Phase B: Der persönliche Einkaufsmanager (bald)
Du delegierst Ziele: „Plane Grillabend für acht Personen, Budget 250 Euro, Vegetarier und Laktoseintoleranz berücksichtigen.“ Der Agent durchsucht Shops, vergleicht, bestellt bei mehreren Händlern. Du siehst nur die Zusammenfassung – kein Blick in Warenkörbe. - Phase C: Der autonome Lifestyle-Manager (Zukunft)
Die KI agiert selbstständig. Sie checkt deinen Gesundheitsreport, erkennt Vitamin-D-Mangel und passt Einkäufe an. Einkaufen wird unsichtbar, der Warenkorb obsolet.
In allen Phasen steigen Conversion Rates und Warenkorbgrößen, weil Reibungen verschwinden.
Praktische Beispiele: KI-Agenten in Aktion
Bereits heute zeigen Big Player, wie es geht:
- OpenAI und ChatGPT: Erweiterte Kauf-Funktionen direkt im Chat. Agenten suchen Produkte, legen sie in den Korb und generieren Checkout-Links – ohne Login.
- Google Gemini mit Shopping Graph: Über 50 Milliarden Produkte mit Details wie Bewertungen und Verfügbarkeit. Der Agent findet, legt in den Korb und bezahlt via Google Pay.
- Perplexity: Einkaufsassistent im Chatbot, der mit einem Klick kauft. Händler stellen Produktdaten bereit, Kunden finden sie blitzschnell.
Weitere Entwicklungen: Mastercard mit „Agent Pay“ (April 2025) für komplette Prozesse im Chat, Visa mit „Intelligent Commerce“ (Mai 2025) und AWS „Amazon Bedrock AgentCore“ (Juli 2025). McKinsey schätzt das Marktpotenzial auf 3 bis 5 Billionen Euro weltweit.
Vorteile für dich als Kunde und für Händler
Für dich als Kunde:
- Zeitersparnis: Stunden Recherche werden zu Minuten.
- Personalisierung: Maßgeschneidert nach Kontext, Vorlieben und Daten.
- Stressfrei: Keine Abbrüche, keine Unsicherheiten – der Agent optimiert alles.
Für Händler:
- Höhere Konversionrate: Weniger Absprünge, da kein Mensch entscheidet
- Weniger „Menschen“ und weniger Möglichkeiten auf Upselling
- Bessere Bindung: Kauft ein Agent einmal, wird er öfters kaufen da er es schon kennt. Genau wie der Mensch.
Analysten prognostizieren: Bis 2029 könnten bis zu 4 Prozent aller digitalen Transaktionen von KI-Agenten abgewickelt werden.
Herausforderungen und wie du dich vorbereitest
Die Revolution hat Haken:
- Vertrauen und Datenschutz: Du gibst der KI Zugriff auf Finanzen und Daten. Transparenz ist key – warum hat der Agent Produkt A statt B gewählt? Tokenisierung (wie bei Mastercard/Visa) macht Zahlungen sicher, zeitlich begrenzt und rahmengebunden.
- Für Händler: APIs und Datenqualität: Deine Produktdaten müssen maschinenlesbar sein – Preise, Lager, Details in Echtzeit. Offene Schnittstellen sind essenziell, damit Agenten dich finden. Konzentriere dich auf „Agent Experience Optimization“ zusätzlich zu SEO.
- Rechtliche Grauzonen: Wer haftet bei Fehlkäufen? Regulierungen müssen kommen.
Tipps für Händler: Stelle APIs bereit, optimiere Daten für Maschinen, baue nahtlose Zahlungen auf. So wirst du zum Favoriten der Agenten. Für dich als Kunde: Starte mit einfachen Agenten, setze klare Regeln (Budget, Shops) und baue Vertrauen schrittweise auf.
Fazit: Willkommen in der Ära des Agentic Commerce
Der Warenkorb stirbt nicht komplett aus – für Geschenke oder Experimente bleibt er als flexible Wunschliste nützlich. Aber bei Standardkäufen wird er unsichtbar, ersetzt durch smarte Agenten, die dein Leben erleichtern. Ist dies genau das, was Amazon vor Jahren mit den Alexa Einkäufen versucht hat? Agentic Commerce transformiert Einkaufen von mühsamer Aufgabe zu nahtlosem Service: schneller, personalisierter, effizienter. Unternehmen, die jetzt umdenken – Daten teilen, Schnittstellen bauen, Vertrauen schaffen – gewinnen den Wettbewerb. Du als Kunde sparst Zeit und Nerven, während Umsätze steigen.
Der Umstieg hat längst begonnen – lass dich nicht abhängen!
Quellenangaben:
- https://www.stores-shops.de/technology/e-commerce/effizienz-trifft-experience-ki-agenten-beim-online-shopping/
- https://www.vr-payment.de/paymentpower-magazin-beitrag/items/kuenstliche-intelligenz-als-kunde
- https://batteryincluded.ai/en/agentic-commerce-onsite-experience-die-zukunft-des-e-commerce-mit-ki-und-automatisierung/
- https://startupvalley.news/de/agentic-commerce-veraendert-den-handel-mit-ki-agenten/
- https://www.computerwoche.de/article/4017493/die-ki-shopping-assistenten-kommen.html
- https://retail-news.de/agentic-commerce-ki-handel-mckinsey/
- https://www.moneytoday.ch/news/wenn-ki-selbst-einkauft-auf-dem-weg-zum-agentic-commerce
- https://www.brandcrock.com/de/blog/e-commerce/was-ist-agenturischer-handel-wie-revolutioniert-er-das-einkaufserlebnis-fur-verbraucher/